Onlineschickeria. Branchenkolleg*innen. Freund*innen. Lieblingspersonen. Seit vielen vielen Jahren kennen wir uns nun. Von der Uni, von der re:publica, von Barcamps, von Twitter. Wir haben eine Gemeinsamkeit: Wir lieben und leben das Internet. Privat und/oder beruflich. Die Schickeria hat Freundschaften, Firmen, Ehen und Kinder hervorgebracht. Man kann also sagen, wir verstehen uns. Und: Wir sehen uns oft. Dann plaudern, lachen, trinken wir und tauschen uns aus. Also wenn nicht gerade eine weltweite Pandemie im Gange ist. Dann leider nicht. Und es fehlt uns sehr. Daher haben wir uns überlegt, eine kleine virtuelle Zusammenkunft zu organisieren. Für ein wenig fachlichen Austausch, gegenseitige Unterstützung bei beruflichen Herausforderungen und auch ein bissi fürs Seelenheil. Gestern gab es also den ersten Social Media Bubble Talk. Die initiale Idee dazu hatte Bigii von Social Hearts. Danke, Bigii!

 

Ohne viel TamTam einfach via Zoom und BYOB (Bring your own beer). Vorab sammelten wir ein paar Themen. Vor allem wollten wir aber wissen:

Wie geht’s euch?

Dem allgemeinen Tenor entsprechend, nickten wir uns wissend zu und sprachen das notgedrungene „Joa, geht schon“ aus. Als Menschen, die im viel im Internet unterwegs sind und viel vor Bildschirmen abhängen, möge man meinen, dass so ein Lockdown für uns keine große Umstellung bedeutet. Ich muss sagen, dass ich auch davon ausging. Ich habe vor ein paar Jahren meine Masterarbeit zu 90% von zu Hause aus geschrieben, konnte immer gut im Home Office arbeiten und habe kein Problem damit, mir den Laptop in die Küche mitzunehmen und immer mal wieder nebenbei ein paar Mails zu beantworten. So wurstelte ich auch durch den ersten Lockdown. Schön langsam geht mir aber die Luft aus und ich empfinde es zunehmend als Belastung. Sich selbst dafür zu entscheiden, daheim zu bleiben ist nun einmal etwas anderes, als daheim bleiben zu müssen. Bäh.

Hier ein paar Gedanken der Bubble Talker*innen dazu:

  • War nie eine große Freundin von Meetings, weil ich es als zeitraubend empfand. Letztens stand eines der seltenen Meetings am Programm und ich habe mich tagelang darauf gefreut. MENSCHEN!! YAY!
  • Ständig wollen alle telefonieren… was früher per Mail ging, muss jetzt plötzlich am Telefon oder in Zoom Calls besprochen werden. Viele Dingen werden verkompliziert. Vielleicht Sehnsucht nach sozialem Kontakt?
  • Angst vor behördlicher Sperrung von Gebäuden und Firmen
  • Keine Angst davor, krank zu werden sondern vor allem davor, nicht zu wissen, wie es weitergeht
  • Tagsüber 12h allein zu Hause zu arbeiten und dann abends Lockdown…brutal!
  • In der Home Office Zusammenarbeit zeigen sich die Versäumnisse der letzten Jahre. Es fehlt an Infrastruktur, Onlinekompetenz und praktischer Erfahrung
  • Die Teamarbeit leidet. Ohne Plaudern, gemeinsames Kaffeetscherl, Lunchdate und Afterwork fehlt viel.

Social Media Bubble Talker*innen. (Screenshot: Uschi Juno)

Beruflich geht es uns eigentlich ganz ok. Im Frühjahr hatte man Angst, dass Projekte von jetzt auf gleich abgesagt werden würden, das war aber nicht der Fall. Vielmehr ist es so, dass vor allem Workshops und Schulungen aktuell einfach nicht beauftragt werden, auch wenn das in den vergangenen Jahren immer so war. Kund*innen müssen sich vermehrt um das Kerngeschäft kümmern und schieben einen geplanten Social Media Workshop lieber auf. Auch aus Geldgründen.

Je nach Branche gibt es dann natürlich auch die Krisenprofiteur*innen. Interessant zu hören war, dass natürlich ein überdurchschnittliches Arbeitspensum, das zu 100% aus den eigenen, einsamen vier Wänden zu erledigen ist, auch ganz schön an die Energiereserven geht. Noch dazu freut man sich zwar über die hohen Umsätze, allerdings ist die weitere Entwicklung der Situation total unklar. Man plant nur von heute auf morgen. Das trägt wiederum zu Unsicherheit bei. In manchen Branchen kam das Lockdown Business so überfallsartig, dass Burnout und Jobwechsel folgten.

Der Webshopbereich ist erwartungsgemäß explodiert. Man hat auch festgestellt, dass sich Menschen viel schneller für ein Produkt entscheiden und dieses sofort kaufen.

„Unterrichten ins Nichts“

Workshops, Schulungen und Vorträge sind bei vielen von uns ein wichtiger Geschäftsbereich. Ebenso wie das Unterrichten an Unis, FHs und Weiterbildungsinstitutionen. Ich persönlich war immer verwundert, wenn es hieß, „na dann machen wir es einfach online“. Jaja eh aber die Vermittlung von Wissen ist oft ein komplexer Prozess. Man labert doch nicht einfach irgendwelche Erklärungen und 25 Menschen kapieren es plötzlich. Ich wollte von den Bubbler*innen wissen, wie es ihnen damit geht und welche Erfahrungen sie mit Workshops, Vorträgen und Unterricht online gemacht haben:

  • Die organisatorische Herausforderung wird oft unterschätzt: Haben alle funktionierende Laptops, WLAN, Kopfhörer, Mikros, die Software installiert, blabla, … oft dauert es gerne mal 40 Minuten bis alle Teilnehmenden soweit sind.
  • Online Meetings super, aber wie/wo? Mit kleinen Kindern im Hintergrund? Familie wegschicken?
  • Keine persönliche Rückkopplung: Finden sie es interessant? Fad? Wirken sie aufmerksam?
  • Der Funke springt nicht über, es entwickelt sich keine Dynamik, keine Begeisterung, aufgeregte Zwischenrufe, Fragen, Diskussionen
  • Online unterrichten ist didaktisch völlig anders, man hat es nicht einfach „nur“ online
  • Für Vortragende wie Teilnehmende ist es enorm anstrengend. 4h Unterricht in Person können niemals in 4h Unterricht online umgewandelt werden
  • Oft unterrichten wir eine Gruppe an Personen ein Semester lang, die wir nie persönlich kennen gelernt haben. Dadurch entsteht keine Basis, auf der intensiv und konstruktiv gearbeitet werden kann
  • Mit klaren Regeln und Selbstdisziplin (sich selbst muten / abmelden, wenn man weggeht) können auch große Online Meetings sehr gut klappen
  • Für Menschen mit Einschränkungen bringen Online Einheiten Vorteile. Kollegin Ally Auner hat eine starke Sehbeeinträchtigung und kann in einem Vortragsraum die Menschen ab der zweiten Reihe nicht mehr erkennen. Vor dem Bildschirm sieht sie alle Teilnehmenden viel besser

Nach einer ausgedehnten ersten Runde (wir hatten einfach Gesprächsbedarf ok), haben wir ein gemeinsames Plattform-Update gemacht. Was ist gut, cool, schlecht, mühsam, für Kund*innen spannend, usw.

TikTok, IG Reels, Facebook, YouTube, Podcasts und so.

  • TikTok bietet einen sehr guten Algorithmus und schafft es daher, die User*innen mit den passenden Inhalten sehr lange bei Laune zu halten
  • Die Erstellung der Inhalte ist recht aufwändig bzw. lässt sich mit klassischen Kommunikationsstrukturen schwer umsetzen
  • Für Unternehmen kann es Sinn machen, wenn sie die Ansprüche der Plattform an authentischem und unterhaltsamen Livecontent erfüllen können
  • In Deutschland gibt es die ersten Versuche von Werbekunden

Ein paar TikTok Empfehlungen von Luca

tiktok.com/@tarabellrose
tiktok.com/@makvienna
tiktok.com/@dieprofessorin
tiktok.com/@patrick_spricht

  • Instagram Reels lässt uns irgendwie alle nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen
  • Die Funktion ist ziemlich versteckt
  • Reels drängt die User*innen, sich wieder zwischen dem Konsum von Stories und Feed zu entscheiden (TikTok hingegen bringt alles passgenau in den Hauptstream)
  • via Reels wird zunehmend auch Hochglanzcontent promotet. Spontaner, nicht immer perfekter Inhalt darf immer weniger sein
  • Ist noch jemand auf Facebook?
  • Selbstverständlich, aber die Plattform hat ein Imageproblem
  • Wenn man Menschen fragt, ob sie Facebook nutzen, sagen sie oft Nein, obwohl sie täglich hineinschauen. Die Nutzung wird nicht als solche empfunden
  • Die interagierenden User*innen auf Facebook sind oft bedeutend älter, als jene, die Inhalte gesehen haben
  • Podcasts sind nach wie vor beliebt, vor allem für komplexere Inhalte
  • In Österreich wäre eine größere Vielfalt schön. Zu viele Medienpodcasts mit den immergleichen Themen und den immergleichen Interviewpartner*innen
  • Oft werden Podcasts zusätzlich als YouTube-Video hochgeladen. Damit hat man einen weiteren Multiplikator, siehe Simply Nailogical / Simply Podlogical

So. Das war’s. Ich habe mich bemüht, die wichtigsten Erkenntnisse aus drei Stunden Bubble Talk festzuhalten. Es war sehr fein und wir werden das sicher wieder machen. Baba!