Besonders in Österreich geht es sehr oft um Titel. Um Bezeichnungen. Um Kategorisierungen. Man braucht eine fancy Bezeichnung für fast alles. Die muss nicht besonders treffend oder korrekt sein, sondern eben besonders fancy. Am liebsten so, dass das Gegenüber staunend „Aahhh!“ und „Ooohhh!“ sagt, wenn man sie vorbringt. Und dann schreibt man die auf Visitenkarten und dann freut man sich. So sind wir eben.
Das gibt es aber auch in die andere Richtung. Nämlich wenn Bezeichnungen eben weniger fancy klingen, als man eigentlich ist. Oder anders: Sie bei den Menschen etwas anderes hervorrufen, als man eigentlich möchte. Uns geht es bei dem Begriff FreelancerIn so.
Der Duden definiert FreelancerInnen als „freie MitarbeiterInnen“.
In der Wikipedia ebenso, da steht: „Als freier Mitarbeiter, wird umgangssprachlich ein Selbständiger bezeichnet, der aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags für ein Unternehmen Aufträge in der Regel persönlich ausführt, ohne dabei Arbeitnehmer des Unternehmens zu sein.“
„… wird umgangssprachlich ein Selbstständiger (lol) bezeichnet“ – Gut, das ist ja schon einmal nicht falsch.
Gerne auch FreiberuflerInnen. Hierbei handelt es sich laut Gesetz um nichts anderes, als um Berufe, die nicht an die Gewerbeordnung gebunden sind. Viele freie Berufe findet man bei der Juristerei, in der Technik, im Gesundheitswesen und natürlich auch im Kreativbereich wie TexterInnen, JournalistInnen oder eben BeraterInnen *handheb*. Der Schmäh ist aber, dass oft nur Menschen aus bestimmten Branchen als FreelancerInnen oder FreiberuflerInnen bezeichnet werden. Oder habt ihr schon einmal gehört, dass jemand sagt:
„Du brauchst eineN SteuerberaterIn? Kein Problem, ich kenne da einE FreelancerIn“ ?
Selten. In unserer Wahrnehmung wird von FreelancerInnen oft gesprochen, wenn es um Personen geht, die vorwiegend in der Kreativbranche arbeiten (Hallo, Filterblase!) und die ihre selbstständige Tätigkeit eher nebenbei und sporadisch ausüben. Gerne auch neben einer Anstellung. Daran ist auch überhaupt nichts zu meckern, aber FreelancerInnen verbindet man eher mit Personen, die kleine Einzelaufträge übernehmen, aber keine größeren Projekte betreuen können und wollen.
Deshalb möchten wir keine Freelancerinnen sein. Es passt nicht zu dem, was wir tun und anbieten. Nennt uns einfach Beraterinnen.
Es würde uns interessieren, wie ihr das so seht: Habt ihr bei dem Begriff dieselben Assoziationen oder seht ihr das ganz anders?
Hallo Jochen,
danke für deine Einschätzung. Sehr spannend, wie das auch abweichen kann.
Das hängt offensichtlich sehr stark von der Branche (und der Selbstwahrnehmung) ab:
bei Beratern im Bereich Finanz-Software ist der Begriff „Freelancer“ gang und gebe – für Vollzeit und darüber hinaus arbeitende und üppige Stundensätze verdienende Einzel-Unternehmer.
Der Begriff „Berater“ ist meiner Meinung nach nicht besonders präzise (ist „Freelancer“ auch nicht…) und eher allgemein gebräuchlich.