Unsere Arbeit besteht darin, Menschen zu beraten. Aber nicht nur das. Wir bringen ihnen etwas bei, bilden sie fort und vermitteln Wissen. Das würden wir auch gerne öfter tun. Leider wird der Bedarf an Wissen zum Thema Onlinekommunikation zu oft empfunden als „Können Sie mir zeigen, wo ich diese Funktion einstellen kann?“. Wir sind davon überzeugt, dass es mehr braucht. Ein Verständnis für das große Ganze. Hintergrundwissen zu Dynamiken und Verknüpfungen. Wir wollen, dass ihr das wissen wollt!
Von vorn: Facebook. Daten. Cambridge Analytica. Drei Begriffe, die nicht nur die Social Media Blase in den letzten Wochen stark beschäftigt haben. Wir sprechen vom größten Schaden für die Plattform seit ihrer Existenz: -35 Milliarden Dollar Verlust an Börsenwert für die Facebook Aktie. Der Aufruf #deletefacebook von WhatsApp Gründer Brian Acton startete so etwas wie eine Bewegung inklusive Elon Musk-PR-Stunt.
It is time. #deletefacebook
— Brian Acton (@brianacton) 20. März 2018
I didn’t realize there was one. Will do.
— Elon Musk (@elonmusk) 23. März 2018
Medienkompetenz. So wichtig.
Wie nachhaltig der Schaden für Facebook ist, werden wir wohl noch sehen. Unserer Einschätzung nach wird es nicht zu einem großen, langfristigen Schwund an UserInnen kommen. Dafür ist die Geschichte für die meisten Menschen zu wenig greifbar und es gibt keinen spürbaren Nachteil. Ja, erst wenn es wirklich wehtut, werden wir aktiv. „Meine Daten werden in großem Stil gesammelt und genutzt“ reicht nicht aus, um uns in Handlungsbereitschaft zu versetzen. Diese Handlungsbereitschaft besteht unserer Meinung nicht aus dem Löschen des Facebook Accounts, sondern in der Aneignung des entsprechenden Wissens, kurz Medienkompetenz.
Weil es in diesem Bereich noch viel aufzuholen gibt, sind wir sehr froh, dass die Debatte um das Thema Datenschutz und Datensammeln stärker ins Bewusstsein gerückt wird. Es wurden auch schon viele gute Texte dazu geschrieben, die wir an dieser Stelle nicht wiederholen, sondern euch ans Herz legen wollen, wie etwa:
Thomas Hutter: Facebook: Datenskandal, Account löschen, wir bezahlen mit Daten, mimimi – wir sollten alle mal Klartext sprechen
Sarah Kriesche: Was lernen wir aus der Facebook-Affäre?
Hört auf, Facebook-Anleitungen zu wollen!
An dieser Stelle sollten wir uns wohl selbst auf den Kopf hauen, denn eigentlich gibt es kein schöneres Geschäftsmodell als Workshops zu Funktionen, die jeden Tag anders sind. Das ist uns nicht nur einmal passiert. Am Tag nach dem intensiven 20-Personen-Praxisworkshop ruft uns der/die KundIn an und sagt: „Tschuldigung, aber wo ist denn der Button hinverschwunden?“ Ja, also der ist jetzt weg. Weil Facebook das halt so macht. Müssen wir leider noch einen intensiven 20-Personen-Praxisworkshop abhalten. Trauriges Smiley.
Nein. Schluss damit. Das bringt doch nichts.
Euch nichts, weil ihr teuer Geld für Wissen bezahlt, das in der nächsten Stunde schon wieder wertlos sein kann. Uns nichts, weil wir in der Nacht schlecht schlafen. Wir wollen euch kein kurzfristiges „Wo muss ich klicken?“-Wissen beibringen.
Wir wollen euch erklären, warum Dinge im Internet funktionieren wie sie funktionieren. Wissen, das mit Button A genauso anzuwenden ist wie mit Button B. Wissen, das ihr umlegen, adaptieren und anwenden könnt. Wissen, das ihr weitergeben könnt. Denn daran fehlt es massiv. Oft werden komplexe Social Media Strategien angewandt, ohne dass auch nur ein Funken an Basiswissen bezüglich Nutzungsverhalten, Mechaniken und Strukturen in der Onlinekommunikation vorhanden wäre.
Ja, technische Funktionen verändert sich immer wieder und müssen dann anders bedient werden. Wäre es nicht schlau, zu nachvollziehen zu können, WARUM sie sich verändert haben könnten und sich dann mit der neuen Funktion schneller vertraut machen zu können, als plan- und hilflos auf die nächste Schritt-für-Schritt-Anleitung zu hoffen?
Es ist ja nicht so, als würden wir es nicht versuchen. Basisinformationen zu übergreifenden Themen sind IMMER Teil unserer Beratung. Aber wir sehen auch, dass es die Leute hassen. Und wegschlafen. Bis es ihnen zu doof wird und sie fragen: „Ok ja danke, aber können Sie auch herzeigen, wie wir dann ein GIF posten?“ ¯\_(ツ)_/¯
Tut nicht uns einen Gefallen, sondern euch
BranchenkollegInnen haben uns schon ein paar Mal gesagt, wir würden zu romantisch an die Sache rangehen. Uns unser eigenes Geschäftsfeld abgraben. Zu viel Wissen herschenken. Aber wisst ihr was: Fuck it. Wir stehen dazu, es ist unsere Überzeugung. Wir finden das sinnvoll und wichtig. Und wenn ihr unsere romantische Einstellung nicht teilt, bringen wir euch einfach das finanzielle Argument: Einzelne Funktionen können morgen schon wieder weg sein. Ein umfassendes Gesamtverständnis wird euch helfen, strategisch an Kommunikationsmaßnahmen zu arbeiten und ihr werdet nicht kapital scheitern, wenn eine Plattform plötzlich nicht mehr Instagram heißt, sondern Snapchat.
Bevor ihr hastig einen „Welche Bildgrößen für welche Plattform?“-Workshop organisieren wollt, stellt fest, ob ihr folgende Fragen beantworten könntet:
- Womit verdient Facebook (und jede andere Social Media Plattform) Geld?
- Warum sehe ich eine Werbung auf Facebook zu einem Produkt, das ich gerade gegoogelt habe?
- Warum weiß Facebook, welches Produkt ich mir gerade bei Bipa gekauft habe?
- Ich habe gar kein Instagram Profil, warum gibt es Werbeanzeigen von mir dort?
- Warum haben so viele Menschen bei der Ice Bucket Challenge mitgemacht?
- Warum sollte ich mit meinem facebook.com Profil keine berufliche Facebook Seite betreuen?
Und weil solche Beiträge immer diesen Disclaimer beinhalten müssen: Natürlich machen Praxisworkshops Sinn. Wir machen sie auch weiterhin. Ihr dürft sie auch weiterhin buchen. Aber macht euch trotzdem mal Gedanken, ob ihr an der Basis eventuell Aufholbedarf habt, bevor ihr sofort mit den operativen Schritten beginnt.
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